Geschichte

Herkunft u. Baugeschichte

 

Die Glattjochkapelle ist architektonisch  eine Kraggewölbestruktur. Solche sind seit der jüngeren Steinzeit in Verwendung und boten vor der Erfindung des (römischen) Bogengewölbes lange Zeit die einzige Möglichkeit ohne Mörtel steinerne Gewölbe zu errichten. Ein „Abkippen“ der auskragenden Gewölbesteine wurde durch ausgleichende Steinauflasten dahinter verhindert, womit überproportional dicke Seitenwände entstanden und die damit erreichte Innenraumweite gering war. Zur gegenseitigen seitlichen Abstützung der Trockensteinlagen wurden vorwiegend runde (zentrisch-symmetrische) Grundrisse ausgeführt.

                                   

Teilweise eingestürzter "borie", Provence

 Bogengewölbe  Schema Kraggewölbe
  abb 32 klein 

 

Kraggewölbe waren in entlegenen Randgebieten Südeuropas seit jeher eine althergebrachte Steinbauweise der Landbewohner. Eine frühe Weiterentwicklung zu gestreckten linear-symmetrischen) Grundrissen stellen die "navetas" auf den Baleareninseln dar, prähistorische Grabbauten einer beeindruckenden Architektur.

 

Naveta des Tudons, Balearen                                "gallisches Haus"

GJKap nr39 klein abb.37 klein

                                              

Navetas sind Vorläufer der später zur Römerzeit bekannten „gallischen Dörfer“ an den Mittelmeerküsten der römischen Provinzen Gallia und Hispania. Deren Bauweise wurde von keltischen Rompilgern, Händlern und Soldaten in den ersten nachchristlichen Jahrhunderten nach Irland gebracht und zu "0ratories" (Gebetshäusern) weiterentwickelt.

 Gallarus-Oratory, Irland                                             Glattjochkapelle

Abb.34 2 klein  CF16012017 klein 

                                                                          

Nach dem Auslöschen des Christentums in Zentraleuropa in den Wirren der Völkerwanderung waren im 7. - 10.Jh.n.Chr. „Scoti“, irische Wanderkleriker und Missionare maßgeblich an der Rechristianisierung Mitteleuropas beteiligt. Neben wenigen Steinspolien mit irischen Flechtmustern ist nur die Glattjochkapelle ein singuläres Zeugnis irischer Bautätigkeit in unserem Land.

Der massive Steinbau am Glattjoch (1989m) überlebte bis zum heutigen Tag Witterungsunbilden und Zerstörungen und wurde als Pilger- und Raststätte im Lauf der Jahrhunderte mehrfach renoviert.

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